Hybrider Trainingsansatz, die Chancen der Verknüpfung

Wer unseren letzten Blogbeitrag zum Thema Virtuelle Teamentwicklung verfolgt hat, kann sich hoffentlich noch an unser abschließendes Resümee erinnern, nämlich dass die klassische Teamentwicklung in der Gegenwart (Zukunft) als hybrider Prozess gestaltet werden kann (wird). Die online Elemente werden sinnvoll mit den Präsenztrainingstagen verknüpft und ergänzt.

Damit dies aber auch erfolgreich gelingen kann haben wir wichtige Schlüsselfragen identifiziert, deren mögliche Antworten wir in der Folge nachgehen möchten.

Schlüsselfragen zur erfolgreichen Gestaltung von virtuellen Teamentwicklungsmaßnahmen

Wie können vielschichtige Themen im virtuellen Raum weiter verdichtet werden, so dass gemeinsam getragene Maßnahmen daraus resultieren können?

  • Partizipation aller Teilnehmer im Vorfeld bei der Auftragsklärung / Themenauswahl

Durch das Einbinden der Teammitglieder bereits in der Phase der Vorbereitung auf die eigentliche Maßnahme kann eine höhere Akzeptanz sichergestellt werden. Die drängendsten Themen innerhalb des Teams werden besser sichtbar und eine Verdichtung findet statt. Dies wiederum bereitet den Boden für die gemeinsam beschlossenen Maßnahmen am Ende des virtuellen Formats.

  • Vorgeschaltete Erwartungsabfrage und vertiefendes Kennenlernen vorab

Durch die von Grund auf kürzer gehaltenen Online-Einheiten ergibt sich eine zeitlich betrachtet kleinteiligere Zusammensetzung der einzelnen Phasen innerhalb der gesamten Teamentwicklungsmaßnahme. Im Unterschied zum Präsenztraining, wo die Phasen fließender ineinandergreifen können. Angelehnt an das Phasenmodel von Tuckman kann das „Forming“ in einer eigenen Einheit das Kennen lernen und die Abfrage der Erwartungen der Teilnehmer in den Fokus setzen.

  • Blitzlichter statt Plenumsdiskussion

Eine weitere Empfehlung zu virtuellen Meetings ist der weitgehende Verzicht auf langwierige Plenumsdiskussionen, die auch im Live-Training schon ihre Tücken und Fallstricke für den Moderator bzw. Trainer bereithalten. Vielmehr sollte vermehrt auf kurze Blitzlichter gesetzt werden, die die Teilnehmer einzeln besser abholen und die Interaktion hochhalten. Rein methodisch können hier Tools wie Mentimeter zum Einsatz kommen.

  • Mehr Gruppenarbeit in Break Outs an Stelle von Plenumszeit

Anstelle von Plenumsdiskussionen können Gruppenarbeiten in sog. Break Out Rooms eingebaut werden. Hier erarbeiten Kleingruppen unterschiedliche Themenstellungen, die dann im Plenum vorgestellt werden und somit eine stark verdichtete Diskussion ermöglichen.

Wie lässt sich die für den Beziehungsaufbau evident wichtige informelle Kommunikation in virtuelle Teamentwicklungs-Workshops integrieren?

  • Persönliche Vorlieben bei Musik oder Hobbies teilen

Ein wichtiger Baustein für einen gelungenen Beziehungsaufbau ist die informelle Kommunikation zwischen den Teammitgliedern während der Maßnahme. Was im „klassischen“ Teamtraining während vieler informeller Situationen wie den Kaffeepausen, dem Mittagessen und besonders dem Abendessen an „zwischenmenschlicher“ Kommunikation sehr einfach möglich ist, dass ist im virtuellen Raum nur bedingt umsetzbar. Hilfreich ist es hier die persönlichen Vorlieben bzgl. Musik und Hobbies transparenter zu machen, so dass die Teilnehmer daran außerhalb des Seminars anknüpfen können.

  • Initiierung von 1:1 Kontaktaufnahme zwischen Teilnehmern außerhalb des Trainings

(Spaziergang mit Telefonat, gemeinsames virtuelles Kochen etc.)

Der Rahmen für informelle Begegnungen auf Distanz kann auch im eher „privaten“ Bereich gesetzt werden. So sind das gemeinsame Kochen und Essen beispielsweise eine Option die informelle Kommunikation in Gang zu setzten.

Gerade auf diese Zielsetzung sind zahlreiche Online-Teamevents ausgerichtet, auf die wir an dieser Stelle aus „zeitlichen“ Gründen nicht tiefer eingehen wollen. Nur eine Anmerkung hierzu:

Nicht alle als Online-Teamevent deklarierten Formate, erfüllen die Zielsetzung der Steigerung informellen Kommunikation zwischen den Teilnehmern und damit den Beziehungsaufbau.

Wie lässt sich die Komplexität der Kommunikationsaufgabe verringern, so dass mehr Verständnis gefördert wird und zugleich Missverständnisse schneller aufgedeckt werden?

  • Reduktion der Themenvielfalt im Vorfeld

Auf diesen Punkt sind wir bereits bei der ersten Schlüsselfrage näher eingegangen. Stichwort: Partizipation aller Teilnehmer im Vorfeld bei der Themenauswahl.

  • Akzeptanz für abweichende Meinungen schaffen

In einer wertschätzenden und gesunden Teamkultur ist Meinungsvielfalt ein wichtiger Wert. Daher sollte eben gerade auch in virtuellen Zusammenkünften ein Augenmerk auf abweichende Meinungen gelegt werden. Dies ist v.a. die Aufgabe des Trainers, die Akzeptanz für abweichende Meinungen zu erhöhen und den Nutzen hervorzuheben.

Konkret kann das „Konsent-Prinzip“ angewandt werden, jemand macht einen (Lösungs-) Vorschlag, der automatisch angenommen ist, wenn er “sicher genug ist, um ausprobiert werden zu können”. Eine Ablehnung ist nur möglich, wenn begründet werden kann, warum es dem Team/Unternehmen schaden würde oder gar zurückwirft.

  • Moderation im Tandem

Gerade aufgrund der Komplexität der Kommunikation kommt dem Trainer eine zentrale Rolle in der Online-Welt zu. Wir empfehlen in einem Moderatoren-Tandem zu agieren, bei dem die Rollenvielfalt und die damit verbundenen Aufgaben klar definiert und verteilt sind.

Wie lässt sich trotz des erhöhten Grades an Konzentration, die Aufmerksamkeit der Teilnehmer aufrechterhalten?

  • Relevanz der Themen hochhalten

Nach der kürzlich veröffentlichen Studie „Digitale Meeting-Kultur“ erledigen mehr als 50% der Teilnehmer parallel zur Online-Veranstaltung auch andere berufliche Aufgaben! Umso mehr gilt es die Relevanz der behandelten Themen möglichst hoch zu halten.

  • Mehr Pausen einplanen, aktive Pausen initiieren

Eine grobe Faustregel sind 10 Minuten Pause nach 60 Minuten Meeting. Die Pausen sollten auch mit einem aktiven Element verbunden sein, also zumindest mal bewegen und kurz aufstehen. Es können auch Pausenzeiten integriert werden, bei denen die Teilnehmer für Entspannungs- und Bewegungsübungen angeleitet werden.

  • Abwechslungsreiches Design, kürzere Taktung der Einheiten

Je höher der Aktivitätsgrad und die Interaktionsquote der Teilnehmer, umso mehr Konzentration ist gefordert. Dies lässt sich durch eine kürzere Taktung von Trainerimpulsen, Plenumsgespräch und Gruppenarbeit erreichen.

Wie lassen sich im Vorfeld die unterschiedlichen Störfaktoren reduzieren?

  • Technischer Vorabcheck

Die Grundvoraussetzung ist für erfolgreiche virtuelle Teamentwicklung ist eine funktionierende Technik. So banal dies klingen mag, es wird oftmals nicht ausreichend bedacht und vorab geprüft.

  • Stabile Datenübertragung mit guter Bild- und Tonqualität

Wenn auch nur bedingt zu beeinflussen, so sollte doch jeder Teilnehmer des Online-Meetings über eine ausreichende Bandbreite der Datenübertragung verfügen. Es ist eine Abwägung, ob ich speziell für das virtuelle Treffen einen Ort mit stabiler Datenübertragung aufsuche.

  • Online Konferenz „Knigge“ (Mikro aus, Benachrichtigungen aus, Handy aus, …)

Es sollte mittlerweile eine Selbstverständlichkeit sein, jedoch kann es nicht schaden nochmals alle Teilnehmer die Grundregeln des „Online Knigge“ näher zu bringen. Dazu gehören die Deaktivierung der Benachrichtigungsfunktion, die Stummschaltung des Handys, das Ausschalten der Mikrofone, wenn nicht gesprochen wird, etc.

Wie kann eine gemeinsame Wirklichkeit geschaffen werden, so dass alle Teilnehmer möglichst die gleiche visuelle Wahrnehmung des Workshop-Geschehens haben und wichtige Informationen allen zugänglich gemacht werden?

  • Geteilter Bildschirm / Galerieansicht

Zwar könnte man behaupten, dass auch im realen Seminarraum jeder Teilnehmer seine eigene Wirklichkeit wahrnimmt, dennoch sind die Abweichungen bei weitem nicht so groß wie im virtuellen Seminarraum. Bei letzterem sollte durchaus der Bildschirm häufig geteilt werden, um allen den gleichen „Blick“ auf die Inhalte zu ermöglichen. Darüber hinaus sorgt die Galerieansicht für eine Gleichstellung der Teammitglieder, d.h. die Talking Heads sind nicht im Vordergrund sondern eingereiht.

  • Abfragen / Meinungsbilder über Menitmeter und Whiteboard

Verschiedene Tools und Methoden können mehr Transparenz über die tatsächliche Wahrnehmung der Teammitglieder erreichen. Kurze Blitzlichter mit Wordcloud, Meinungsumfragen, Trendanzeigen oder Kommentare an virtuellen Pinnwänden sind visuelle Hilfsmittel, um eine gemeinsame Wirklichkeit zu schaffen.

  • Zugriff auf geteilte Dokumente

Schließlich muss allen Teammitgliedern der uneingeschränkte Zugriff auf die erstellen Dokumente gewährt werden.

Was kann dazu beitragen, dass die Emotionen der Teammitglieder besser wahrgenommen werden und die Gelegenheiten / Möglichkeiten geschaffen werden diese zu zeigen?

  • Feedback geben und nehmen, insbesondere zur aktuellen Gefühlslage

Eine sinnvolle Teamentwicklung sollte immer das Ziel haben, die negativen bzw. konfliktreichen Gefühle zu identifizieren, zu kanalisieren, diese loszulassen und in letzter Konsequenz eine komplexe Situation dadurch zu lösen oder zumindest positiv zu entwickeln.

Das Feedback ist hierfür eine geeignete und zielführende Methode, insbesondere um Emotionen der Teilnehmer einzufangen. Dies sollte in regelmäßigen Zeitintervallen wiederholt werden und in der Methodik variieren. So können sich offene Fragen mit vorgegebenen Antwortkategorien abwechseln.

Angelehnt an Paul Ekman können die sieben Basisemotionen, die kulturunabhängig sind als Kategorien Verwendung finden: Freude, Wut, Furcht, Traurigkeit und Überraschung (Ekel und Verachtung vielleicht nur eingeschränkt).

Wie kann trotz der räumlichen Distanz der Teilnehmer und auch des Trainers im virtuellen Raum eine angenehme Atmosphäre geschaffen werden und darüber hinaus ein echtes Gemeinschaftsgefühl entstehen?

  • Teamübungen als interaktives Tool zur virtuellen Teamentwicklung

Die Möglichkeiten und Potentiale der Online Teamaufgaben möchten wir in einem eigenen Blogbeitrag umfassend beleuchten und erörtern. Dieses Themenfeld ist in vielerlei Hinsicht noch nicht „beackert“ und berücksichtigt worden, so dass wir ein großes Entwicklungspotential hier sehen.

Der hybride Mix

Die Vermittlung von Informationen und die Sammlung von Ideen kann sehr gut in den virtuellen Bereich ausgelagert werden. Die (reduzierten) Präsenzphasen hingegen sollten für wertvolle persönliche Begegnungen dienen, bei denen anspruchsvolle und komplexe Kommunikationsprozesse stattfinden können. Dabei können die virtuellen Module sowohl vorgeschaltet als auch nachgeschaltet zu den Präsenzveranstaltungen stattfinden.